NOIZZ.de: Mit dem Thermomix ist es wie mit dem Wort Penis: Beides sollte man in der Öffentlichkeit nicht laut aussprechen. Während der laute Aufruf von „Penis“ Kichern auslöst, verursacht man mit dem Wort „Thermomix“ eine hitzige Debatte. Beides ist unangenehm.

Wer kein Spaß, oder nichts vom Kochen – ja, kochen – versteht, den kann man bei den Wörtern schnell mal auf Stufe 10 bringen. Stufe 10 ist die geballte Ladung Thermipower, bei dem sich der Allround-Mixer in eine Art Pokémon verwandelt, das alles zerstört, was ihm ihn die Quere kommt. Richtig geil – doch deutsche Almans müssen jetzt tapfer sein: Die Firma Vorwerk gab vor wenigen Tagen den Produktionsstopp des Thermomix bekannt.

„Die Thermomix-Produktion am Standort Wuppertal läuft voraussichtlich im Dezember 2019 aus“, sagte ein Pressesprecher gegenüber der „Rheinischen Post“ am Mittwoch. Die Nachfrage in Deutschland sei nicht mehr sonderlich hoch – im Gegensatz zu China. Medien sprechen von einem „taktischen“ Fehler: Wer sich das teure Küchengerät besorgt, behält es für viele Jahre. Vorwerk lebt größtenteils von dem „Einmal-Verkauf“.

Nur wahre Thermifreunde mit richtig fett Asche in der Tasche kaufen sich alle zehn Jahre das neue Modell. Der Rest überlegt sich bei einem Preis von aktuell 1.359 Euro mehr als zwei Mal, ob er nicht doch mit dem alten Gerät zurechtkommt – zudem Vorwerk alle Reparaturkosten innerhalb der Garantiezeit übernimmt. Gadgets, die man sich dazukaufen kann, gibt es kaum. Lediglich das „Cookidoo“-Abo – ein Chip, auf dem sich Rezepte speichern lassen – bringt Vorwerk zusätzliche Einnahmen. Laut einem Bericht der „Welt“ von 2015 soll das Unternehmen alle 30 Sekunden einen Thermomix verkauft haben. Man braucht kein Mathegenie sein, um sich auszurechnen, dass demnach die meisten Menschen Deutschlands „Thermomix-befriedigt“ sind. Die Zahl an möglichen Käufern ist somit ziemlich klein. Denn wer heute keinen Thermi hat, der will auch keinen.

Aber warum? Warum wollen Menschen keine Thermomix? Thermi wird gemobbt. „Der kann doch nichts und ist viel zu teuer“, heißt es. Dabei kann das Pokémon der Küchengeräte weit mehr als einfach nur auf Stufe 10 alles klein häckseln. Thermi kann Eis herstellen, Reis kochen, CBD-Öl herstellen, Gemüseeintopf garen und sogar köstlichen Kuchen im Varoma-Behälter zaubern. Und es geht verdammt noch mal niemals etwas schief. Niemals. Zugegeben: Thermi macht immer zu viel Soße zu den Gerichten. Aber wer beschwert sich schon über zu viel Soße?

An alle versnobten Möchtegern-Sterneköche da draußen: Thermi ist der Gerät! Bevor ich mir zehn Küchengeräte im Wert von 2.000 Euro kaufe, die in den Schränken zu viel Platz einnehmen, investiere ich lieber in ein Küchengerät, das alles kann. Wer es trotzdem schwachsinnig findet, so viel Geld für etwas „Unnötiges“ auszugeben: Die Hälfte deiner Klamotten in deinem Kleiderschrank brauchst du auch nicht. Und können die mir mein Mittagessen kochen, während ich ein Nickerchen mache? Nein. Wer sparsam lebt, nicht raucht und nicht jeden Monat 100 Euro für den Friseur ausgibt, der kann sein Geld auch mal investieren. Ja, für mich – okay, meine Mutter – war der Thermomix eine Investition: Ich habe mit ihm kochen gelernt. Haha, haben wir alle gelacht. Aber ich meine das wirklich so, nennt mich Thermilindner.

Kochen lernen mit dem Thermomix kann man sich vorstellen wie Malen nach Zahlen: Erst tupft man nach und nach die Farbe auf das Papier und irgendwann weiß man selbst, wie man das Bild zu malen hat. Und ja, am Ende ist es eine fucking Mona Lisa, die ich dir auf dem Silbertablett serviere: Trüffelrisotto, Königsberger Klopse, Lachspastete.

Wer jetzt aufschreit und meint „Malen nach Zahlen macht aber keinen Spaß und Kochen funktioniert so doch nicht“: Klappe, Diggi. Tut es sehr wohl. Denn während Thermi die Soße vorbereitet, kann ich mich um die Playlist kümmern, den Tisch decken und die Cocktails mixen. Ich muss nicht alle zwei Minuten zum Herd rennen, um zu gucken, ob irgendetwas anbrennt. Thermi ruft mich schon, wenn er mich braucht. Dann klingelt es – und ich eile geschwind. Kochen, ja kochen, war noch nie so entspannt!

Kurz: Der Thermomix ist Pikachu – klein, geil und kann alles.

Und jetzt alle laut: THERMOMIX!

Foto: Laura Wolfert

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