NOIZZ.de: Mit ihrem Mann Martin wird die Ex-Viva-Moderatorin für ihren Podcast „Paardiologie“ gelobt – zu Recht. Ich habe alle bisherigen Folgen angehört und mein persönliches Fazit gezogen.
Für mich war Charlotte Roche immer die Autorin, die über Hämorrhoiden geschrieben hat. Dass es in ihrem Buch „Feuchtgebiete“ nicht nur um Geschlechtskrankheiten, sondern um die Verarbeitung von Familienproblemen geht, habe ich nicht verstanden. Ich war erst 12 Jahre alt, als das Buch im Februar 2008 erschienen ist. Zu jung.
Heute, elf Jahre später, finde ich Charlotte großartig. Das liegt nicht nur daran, dass sie bei „Duell um die Welt“ jede Menge Mut beweist oder den kontroversen Smoothie-Hersteller True Fruits boykottiert – sondern auch an ihrem Podcast. Mit ihrem Mann Martin spricht sie in „Paardiologie“ über Themen, die sich in über 15 Jahren Gemeinsamkeit angestaut haben: Eifersucht, Sex, Kinder, Freunde – und vieles mehr.
Der Podcast wird aufgrund der Ehrlichkeit der beiden zu Recht gelobt. Sie sind wie Gratis-Psychologen, die man auf Knopfdruck an- und ausschalten kann. Manchmal muss man sie stoppen, um kurz über das nachzudenken, was sie gerade gesagt haben. Manchmal macht man sich sogar Notizen. Das Schöne: Charlotte und Martin geben keine Beziehungstipps und sagen nicht, was man in einer Partnerschaft zu tun oder zu lassen hat. Im Gegenteil. Es ist spannend, was jeder aus dem Gespräch der beiden für sich mitnimmt. Deswegen habe ich elf Dinge aufgeschrieben, die ich in den ersten 13 Folgen „Paardiologie“ über Beziehungen gelernt habe:
1. Man ist nicht für das Glück und das Leid des Partners verantwortlich
Wenn man zusammenkommt und sich unfassbar liebt, reicht das nicht immer, um glücklich sein. Martin ist aber immer davon ausgegangen, dass er für das Glück und Leid von Charlotte verantwortlich ist. „Du hast gedacht: Du machst alles für mich, damit ich glücklich werde – aber ich hatte in mir Unglück“, stellt Charlotte fest. „Wenn es mir schlecht geht, bist du nicht schuld“, sinniert sie weiter. Gar nicht so einfach, einzusehen, dass man den Zustand des Partners nicht einfach so ändern kann – schließlich möchte man doch alles daran setzen, seinen Partner aufzumuntern.
2. Liebe kann nicht vollkommen harmonisch sein
„Der Übergang von Verliebtsein und der Utopie einer vollkommenen Harmonie mit dem Geliebten zu der Erkenntnis, dass diese Sehnsucht nie ganz in Erfüllung gehen kann, ist eine der größten Enttäuschungen des Lebens.“ Diesen Satz trägt Martin in der zweiten Folge vor – und in ihm steckt so viel Wahres. Wie schwer ist es bitte, zu akzeptieren, dass die Verliebtheit irgendwann enden muss? Sicher ein Punkt, an dem unzählige Paare scheitern.
3. Die Probleme, die man auf den Partner überträgt, sind meist die eigenen
Charlotte und Martin haben beide eine eigene Psychologin beziehungsweise einen eigenen Psychologen. Und beide haben ihnen beigebracht: Eigentlich ist es egal, mit wem man zusammen ist. „Außer es passiert Gewalt, Alkoholismus, Vergewaltigung in einer Beziehung – dann muss man natürlich gehen.“ Das hört sich erst einmal komisch an. Charlotte erläutert allerdings einleuchtend: „Weil die meisten Probleme, die man an dem Partner abkaspert, die eigenen sind.“ Und wenn man immer wegen der eigenen Problemen, den Partnern wechselt, würde man immer wieder von vorne anfangen.
Deswegen soll man am besten bei einem bleiben, egal wer, und einmal alles durchmachen. „Du weißt, wie oft ich dich fertiggemacht hab, aber ich meinte eigentlich meinen Vater“, sagt dabei Charlotte. Sie kann mit Martin mittlerweile darüber lachen, dass sie ihn jahrelang wegen Sachen angeschrien hat, die sie eigentlich ihrem Vater sagen wollte.
4. Eine große Liebe sind zwei Menschen – keine gesellschaftliche Norm
Charlotte fragt Martin, warum er nie ein Kind mit ihr haben wollte. Martin meint – ganz kurz gefasst – dass Liebe nicht mit einem Kind gekrönt werden muss. „Eine große Liebe sind zwei Menschen. Ob die Kinder bekommen, oder nicht – das hat mit dieser Liebe nichts zu tun“, findet er. Was die Folge verdeutlicht: Jedes Paar führt seine eigene Beziehung und muss für sich selbst wissen, wie sie funktioniert. Man sollte sich nicht von der Gesellschaft vorschreiben lassen, wie man glücklich zu sein hat.
5. Man muss lernen, sich selbst zu lieben – bevor man sich überlegt, dem Partner einen Gefallen zu tun
Die beiden hatte mal Sex mit einer dritten Person, doch Charlotte hat sich dabei gar nicht so wohlgefühlt, wie sie es Martin vermittelt hat. „Ich finde wirklich, man kann viele Dinge für den Partner machen, wenn man den liebt. Wenn der auf was steht, das einem selbst nicht wehtut.“ Dabei kommt die Frage auf, ob ein Dreier nur eine Ausrede ist, den Partner bei dem Akt zu kontrollieren.
Charlotte gibt preis, dass sie ihrem Martin mit dem Dreier eigentlich nur einen Gefallen tun und cool sein wollte. „Ich bin am Anfang in deiner Sexualität aufgegangen. Ich mache erst mal alles mit und merke dann: Oh Gott, das ist zu viel. Dann muss ich zurückrudern, weil ich völlig verleugne, was ich bin und was ich will.“ Und Martin? Der hat ihre vermeintliche Offenheit falsch verstanden – weil Charlotte gar nicht so uneifersüchtig ist, wie sie gerne wäre. „Ich habe über Frauen geredet und gemerkt: Oh. Vielleicht war das jetzt doch zu viel.“
Deswegen: Nichts tun, was der andere möchte, um dann vielleicht nachtragend zu sein.
6. Eine „offene Beziehung“ muss sich nicht immer auf Sex beschränken
Das Thema „offene Beziehung“ kommt bei den beiden immer wieder auf. Das hat laut Martin aber nicht immer etwas mit Sex zu tun. Offene Beziehung fängt aus seiner Sicht damit an, dem Partner die Möglichkeit zu geben, sein Leben offen zu leben. Wenn man ihm erlaubt, mit fremden Menschen zu schlafen, ihn aber in seiner Freizeit einschränkt, bringe das wohl wenig.
7. Die eigenen Sorgen sollte man nicht auf den Partner projizieren
Charlotte erklärt, dass sie ganz verliebt in Martin ist, wenn sie andere Männer datet. Warum? Weil er die coole Socke ist, der ihr das erlaubt – und kein anderer Mann ihr diese Freiheit schenken kann wie er. Inwiefern es für einen okay ist, Flirts mit anderen in der Beziehung zuzulassen, muss jeder für sich entscheiden. Doch manchmal ist es vielleicht gar nicht schlecht, dem anderen zu vertrauen und ihm Freiheit zu geben. Nur weil man die Sorge hat, sich in jemand anderes zu verlieben, heißt das nicht, dass sich der Partner direkt in die Nächstbeste verguckt. Und sich zu verlieben, kann man eh nicht verhindern.
8. Weinen ist nicht unmännlich – und über Gefühle reden ist wichtig
Martin hat ein Problem, denn Martin kann nicht weinen. „In meiner Generation war es üblich, dass die Frauen geweint haben und die Männer nicht“, sagt er. Dabei scheint es so, dass er die Tränen immer wieder unterdrückt hat. Dabei hat Weinen und das offene Darlegen von Emotionen gar nichts mit dem Geschlecht zu tun. Auch Männer können, dürfen und sollen eine Träne verdrücken.
Viel wichtiger: Der Podcast vermittelt ganz klar, dass es gut ist, über Gefühle zu reden. So werden Unsicherheiten aus dem Weg geräumt und Probleme gelöst. Dazu kann man aber keinen zwingen – schließlich ist nicht jeder der Typ dafür. Wie Martin eben nicht der Typ ist, der weint. Ansprechen kann und sollte man aber alles, ohne schlechtes Gewissen.
9. Manchmal muss man sich Zeit nehmen – ohne egoistisch sein
Familie Roche war im Urlaub, dabei ist aber ziemlich viel schief gelaufen. Deswegen ist Charlotte selbst noch mal in den Urlaub gefahren, aber alleine. Manchmal braucht man Urlaub vom Urlaub, Zeit für sich. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, so lange man dem Partner das Gefühl gibt, immer für ihn da zu sein. Wichtig: Immer wieder mal nach den Problemen des anderen fragen – und nicht davon ausgehen, dass man der Einzige ist, der gerade Urlaub vom Urlaub braucht.
10. Ein Mal am Tag melden ist wichtig
Charlotte hat bei der Sendung von Joko und Klaas „Duell um die Welt“ einen gefährlichen Selbstversuch gewagt: Sie ist von einer Brücke gesprungen – und war dabei an Haken befestigt, die unter ihre Haut gepierct wurden. Charlotte hat sich vor lauter Aufregung den Tag über nicht bei Martin gemeldet. Der war aber sichtlich beunruhigt. Das zeigt: Eine kleine Nachricht am Tag reicht. Es zeigt, dass man zu dem Leben des anderen dazugehört und sich keine Sorgen machen muss. Dafür ist immer Zeit.
11. Sich für „ich liebe dich“ bedanken
Charlottes Tochter Polly hat mal gelernt, dass man auf „Ich liebe dich“ nicht immer antworten solle. Das hat das Paar für sich übernommen. Warum? Wer „Ich liebe dich“ sagt, erwartet immer eine Gegenreaktion. Doch wehe, wenn nicht. Viel schöner sei es doch, sich für dieses Kompliment zu bedanken. Und noch schöner sei es, wirklich zu wissen, dass man geliebt wird – und der Spruch nicht nur gesagt ist.
Foto: Instagram / chailatte_roche
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