NOIZZ: Vor mir sitzt der amerikanische Hip-Hop-Star BlocBoy JB. Mein Journalistenherz rastet aus: Ich darf den Rapper, der schon mit Drake zusammengearbeitet hat, interviewen. Er sieht so cool aus, wie ich ihn mir vorgestellt habe: Er trägt ein Dollarzeichen als Goldkette um den Hals, hat sich einen Burberry-Mantel übergezogen und seine Zähne sind mit Grillz besetzt. Das Problem: BlocBoy JB scheint schon fast zu cool. Er will nicht mit mir reden – sondern schlafen.

BlocBoy JB ist der neue aufstrebende Rap-Superstar to be am amerikanischen Hip-Hop-Himmel. Der gerade mal 22-Jährige erlangte durch seinen Song „Look Alive“ mit Drake große Bekanntheit. Außerdem hat der Rapper eine geile Art zu tanzen und unter anderem den Dancemove Shoot ins Leben gerufen. Kaum zu glauben, dass der Typ, der vor meinen Augen einschläft, beim Tanzen so ausrasten kann.

Schattenseite des schnellen Hypes um seine Person? Aktuell wird BlocBoy von der Polizei gesucht – wegen Drogen- und Waffenbesitz. Er hat via Instagram ein Foto mit einer Waffe veröffentlicht und sich damit selbst verraten.

Vielleicht war er auch bei unserem Gespräch ja nicht nur sehr müde, sondern sehr high.

Rapper. Drogen. Waffen. Polizei. Täglich gibt es solche Nachrichten – und in Interviews werden immer die gleichen Fragen über die kriminelle Vergangenheit der Musiker gestellt. Doch was steckt hinter den Drogen, Waffen und großen Klunkern? Ich will mit BlocBoy nicht über Straffälligkeit und Protz sprechen, sondern über Gefühle. Besser: Ich will, dass sich James Baker – wie er mit richtigem Namen heißt – in mich verknallt. Innerhalb von zehn Minuten, mehr Zeit haben wir nicht. Challenge accepted.

Ich habe ein Liebes-Experiment vorbereitet und mir die 36 Fragen von Dr. Arthur Arons Studie ausgedruckt. Der amerikanische Wissenschaftler behauptet, dass beim Beantworten der Fragen Verbundenheit zwischen Fremden erzeugen kann. Selbst, wenn das Experiment nicht glücken sollte: Die Fragen sind so gestellt, dass ich trotzdem mehr über den Menschen hinter der Kunstfigur BlocBoy JB erfahre. Gute Idee, dachte ich mir. Nur dumm, wenn der Interviewpartner nicht redet.

Ich sitze in einem Hinterraum des Yaam in Berlin. Das Treffen mit dem Shootingstar wurde erst zugesagt, dann abgesagt und dann kurz vor Konzertbeginn verlegt. Erst wird BlocBoy fotografiert. Dann hat er ein Interview vor mir. Er denkt, er ist fertig und will aufstehen und gehen. Doch dann stehe ich da. Voller Freude und Enthusiasmus. BlocBoy hingegen scheint gar nicht begeistert. Ich erkläre ihm, was ich vorhabe. Der Rapper lacht. Ob er verstanden hat, um was es geht, bezweifle ich jedoch. Seine Augenbrauen sind nach oben gezogen, die Arme in dem Burberry Mantel verschränkt.

Ich stelle die erste Frage: „Willst du überhaupt berühmt sein?“ Stille. BlocBoy zuckt mit den Schultern, schaut um sich. „Nein“, sagt er. Ich hake nach, warum. „Don´t know“, sagt er. „Wofür bist du in Deinem Leben am meisten dankbar?“, frage ich. Wieder Stille. Wieder ein Achselzucken. „Mama“, sagt er. Dann legt er seine Arme auf den Tisch und stützt seinen Kopf darauf ab. Seine Antworten nuschelt er nur noch vor sich hin. „Don´t know, don´t know“, sagt er immer wieder und grinst mich dabei leicht benebelt an.

Vielleicht ist mein Liebesexperiment unpassend. Doch das Interview ist eigentlich nicht kompliziert – im Gegenteil. BlocBoy hat wohl einfach keinen Bock, egal, was für Fragen ich stelle. Verbundenheit zwischen uns entsteht natürlich nicht. Geschweige denn, dass er sich in mich verknallt. Dr. Arthur Arons? Ihr Liebesexperiment ist scheiße.

BlocBoy ist womöglich einfach high, müde und lustlos. Ich kann ihm das damals nicht böse nehmen. Neben Reisen, Arbeiten und sonstigem Stress vor dem Konzertauftritt noch Interviews zu führen, ist sicher manchmal auch nervig. Doch knapp eine Stunde später geschieht ein Wunder. BlocBoy JB scheint auf seinem Konzert wie ausgewechselt: Er springt wie ein Flummi auf der Konzertbühne, macht Saltos – und redet sogar mit dem Publikum! Nicht nur das, er spittet mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit in das Mike – und trotzdem versteht man jedes einzelne Wort. Was auch immer passiert ist: Es wirkt.

Fest steht: BlocBoy hat mit dem gescheiterten Interview mein Journalistenherz gebrochen. Doch es wäre gelogen, wenn es bei seiner Musik nicht wieder anfängt zu schlagen. Rappen und tanzen kann er. Interviews führen sollte er aber einfach lassen. Das spart mir Zeit – und er kann stattdessen eine Runde länger schlafen.

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Foto: Laura Wolfert

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