NOIZZ: true fruits steht wieder in der Kritik. Die Smoothie-Marke hat in den vergangenen zwei Jahren durch ihre provokante Werbung viel Aufmerksamkeit erregt. Unter anderem wegen Sprüchen wie „Schafft es selten über die Grenze“. Ich werfen ihnen nicht Rassismus und Sexismus vor – sondern schlechte Werbung.
Von Seiten der Medien und Käufer kam es deswegen häufig zu Rassismus- und Sexismus-Vorwürfen. Zu Unrecht, meint true fruits nun in einem Statement, dass sie auf Instagram veröffentlicht haben. Ich sage: Der Shitstorm ist völlig gerechtfertigt.
Liebe Mitarbeiter von true fruits,
ich habe euch geliebt, doch das hat jetzt ein Ende. Ich mache Schluss. Auf eure witzigen Sprüche falle ich nicht mehr rein. Ich würde gerne sagen, „Es liegt an mir und nicht an euch“, doch das wäre gelogen. Es liegt an euch. True fruits, ich werfe euch nicht Rassismus und Sexismus vor, sondern schlechte Werbung.
Schlechte Werbung gibt es nicht? Doch, sehr wohl. Mit Schlagzeilen erregt man zwar Aufmerksamkeit und erreicht weiter Bekanntheit, doch kann diese Art von Publicity auch nach hinten losgehen.
Zugegeben: In den vergangenen Jahren sind mir eure Flaschen immer als erstes im Supermarktregal aufgefallen. Ihr seid präsenter geworden – auch ich habe eure Smoothies gekauft und über die witzige Produktbeschreibung am Rand der Flasche – die sogenannte Kür – gelacht. Meistens zumindest.
Doch in letzter Zeit gab es einfach zu viele Werbesprüche von euch, die ich nicht unterstützen möchte. Ich will kein Produkt einer Marke kaufen, die – wie ich finde – Zweideutigkeit zum Nachteil von Minderheiten ausnutzt. Dass ihr jegliche Rassismus- und Sexismus-Vorwürfe von euch weist, akzeptiere ich. Ihr habt alles nicht so gemeint? Okay. Doch dann habe ich am Wochenende euer Statement auf Instagram gelesen. Was soll ich sagen? Ihr habt nun eine Kundin weniger.
Warum mein Ärger? Das Statement beginnt mit „Liebe Freunde, liebe vermeintlich Diskriminierende, liebe Dumme“. Dumm sind – laut eurem Post – Menschen, die sich nicht richtig mit euren Werbeplakaten auseinandersetzen. Doch kann man als Unternehmen wirklich davon ausgehen, dass sich jeder mögliche Kunde mit der Werbung erst auseinandersetzt? Nein.
Werbung sollte direkt, klar und einfach verständlich sein. Das zu wissen und auch, wie man damit umgeht – nämlich vorsichtig –, ist euer Job. Gerade in politisch polarisierten Zeiten wie diesen sollte man bei manchen Themen lieber zweimal über die Formulierung nachdenken. Genau das scheint ihr aber nicht gemacht zu haben.
Ihr bezieht euch auf die Kampagne 2017 in Österreich mit Plakattexten wie „Schafft es nur selten über die Grenze“ oder „Noch mehr Flaschen aus dem Ausland“. Dazu heißt es in eurem Statement: „Dass dies eine Kampagne gegen Fremdenfeindlichkeit war, wäre auch spätestens klar geworden, wenn man sich mit der Kampagne beschäftigt hätte und sich z.B. das dritte Kampagnenmotiv angesehen hätte: ‚Bei uns kannst Du kein Braun wählen.‘“
Das Problem: Eure Plakatsprüche wurden einzeln abgebildet. Ihr könnt nicht davon ausgehen, dass jeder mögliche Kunde erst all eure Kampagnenmotive anschaut, um sich dann ein Bild von euch als Marke zu machen – um dann erst mit reinem Gewissen ein Produkt von euch zu kaufen.
Menschen lesen die Plakate und bilden sich eine Meinung: gefällt mir, ist mir egal, gefällt mir nicht. Wenige setzen sich intensiv mit all der Werbung auseinander, mit der sie täglich konfrontiert werden – oder ziehen daraus Konsequenzen. Leider. Ja.
In eurem Fall ist das aber der Schaden von true fruits. Eure Werbung wirkt auf den ersten Blick rassistisch – oder auch sexistisch. Das könnt ihr den Menschen, euren Kunden, nicht verübeln. Und: Ihr hättet es sehr wohl ahnen können.
Eigentlich wolltet ihr mit den Plakattexten in Österreich die dortige Politik und die mögliche Schließung des Brenner Passes kritisieren. Ihr müsst selbst zugeben: Diese Werbekampagne ist nach hinten losgegangen. Genauso wie euer Claim „abgefüllt und mitgenommen“. Ihr bekommt dafür den Vorwurf „Rape Culture“ zu verharmlosen. Dabei – so schreibt ihr – bezieht sich der Spruch doch lediglich auf den Weitergebrauch eurer Flasche samt Trinkaufsatz.
Come on, true fruits! Der Satz war mit Sicherheit absichtlich so gewählt.
Und ihr wisst genau, was ihr mit so einer Werbung auslöst. Auch euch ist es klar, dass solche Sprüche provozieren und Aufmerksamkeit erregen (sollen).
Genau das stört mich. Ihr müsst doch den Shitstorm doch schon in der Ferne riechen, wenn ihr solche Plakattexte veröffentlicht. Und dieses Kalkül ist einfach nicht mehr lustig.
„Ernsthaft zu glauben, dass ein öffentliches Unternehmen unserer Größe Interesse daran haben könnte, rassistische Propaganda zu betreiben, um daraus Kapital zu schlagen, zeugt von wenig Geistesschmalz“, schreibt ihr in eurem Statement. Nein. Ihr nutzt aber erwartbare Missverständnisse für Werbezwecke – und gebt es sogar zu: „Klar wir spielen mit einer sexuellen Doppeldeutigkeit, aber die Doppeldeutlichkeit entsteht ja im Kopf des Lesers.“
Mag sein, dass die Verkaufszahlen eures Smoothies White in der schwarzen Pulle gestiegen sind. Glückwunsch. Ihr bekommt die Aufmerksamkeit, die ihr wollt. Dank Werbung, die – ihr gibt es selbst zu – provoziert. Doch ist der Shitstorm das wirklich wert? Ist das gute Werbung? Ich bezweifle es.
Ich habe eure witzigen Sprüche – die „Kür“ – gemocht. Warum seid ihr nicht einfach dabei geblieben?
Ihr sagt selbst: „Ihr mögt unseren dummen Witze nicht.“ Nein, ich mag sie nicht. Genauso wenig eure Arroganz. Ich habe gesagt, dass sich wenige Menschen intensiv mit all der Werbung, mit der man täglich konfrontiert wird, auseinandersetzen. Doch wenn sich einer mit true fruits beschäftigt – so wie ich es gemacht habe –, dann erzielt ihr wieder mal das, was nicht gewollt ist: ein schlechtes Image.
Schade, dass ich erst so spät gecheckt hab, dass ihr nicht so geil seid, wie ihr schmeckt.
Foto: true fruits / Instagram
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