fudder.de: Tausende feierten beim Techno-Festival „SeaYou“ am Wochenende am Tunisee: mit Sonnenbrand, teurer Cola und einer Tanzfläche auf dem Wasser. Unsere Autorin war am Samstag da. Star des Wochenendes: ein älterer Herr mit Glatze.
Der beste Act: Ein 51-Jähriger mit Glatze
Eine Frau mit riesigen Federn auf dem Kopf tänzelt auf 20-Zentimeter-High-Heels vor Sven Väth. Ihre Fake-Wimpern zwinkern im gleichen Rhythmus, wie ihr Po zur Seite schwingt. Rauf und runter. Links und rechts. Sie hat nicht nur Federn auf dem Kopf, sondern auch Federn in der Hand, die sie hin und her fächert. Hinter ihr wummert es aus der Anlage.
Es ist heiß, es gibt keinen Wind, der weht. Die Menge shuffelt in der prallen Sonne, Körper an Körper. Es riecht nach Bier und Sonnencreme. Die Frau mit den Federn schwitzt – trotzt knappem Body-Anzug. Ihr Lidstrich, der noch länger ist, als der von Amy Winehouse, scheint zu verlaufen. Trotzdem lächelt sie und flirtet mit dem Publikum – aber keiner flirtet mit ihr. Frau mit dem Federkleid, geh zur Seite! Hier geht es um den Mann am DJ-Pult, der mit dem Kopfhörer auf seiner Glatze, nicht um dich.
Es geht um den 51-jährigen Sven Väth, der seine Platten auflegt. Um Musik. Gute Musik. Techno.
Das Festivalgelände
Im Herzen des Geländes: Ein Kettenkarussell, das die Bierbäuche der Besucher durch die Luft wirbelt. Zwei Euro kostet die Fahrt mit Blick über das Geschehen.
Man sieht tausende Menschen mit Sonnenbrand, die auf der Wiese tänzeln, am Bier nippen, oder ins Wasser hüpfen. Man erkennt die zwei großen Stages, auf denen Hauptacts wie Robin Schulz und Sven Väth auflegen. Zwei kleinere Bühnen sind direkt am oder sogar auf dem See aufgebaut.
Ja, tatsächlich: Die Tanzfläche der vierten Bühne – sie besteht aus quadratischen Kanistern – schwimmt auf dem Wasser. Ist man ein bisschen drauf, fühlt man sich wie Jesus, der auf wackeligen Beinen über das Wasser tanzt.
Wer war da?
Viel nackte Haut, Sonnenbrille, Glitzertattoos und Farbe am Körper: Das ist der Dresscode vom SeaYou-Festival. Die Besucher: Rot und betrunken. Ein Tube Sonnencreme gegen eine Dose Bier zu tauschen – das wäre gar keine schlechte Idee. Aber nein, sie lassen sich weiter in der Sonne brutzeln. Sie machen ein Power-Napping in einem der Himmelbetten, schnarchen, wieder andere knutschen. Während eine kleine Menge im Wasser plantscht, zerstampften andere beim Tanzen die Wiese. Die Männer zucken mit ihren Muskeln zu den Beats von Klaudia Gawlas, die Frauen schütteln ihre Bikinis zu Robin Schulz.
Das Highlight
Sven Väth. Nicht Robin Schulz, der während der Busfahrt von Schweizern als „Mainstreambitch“ beleidigt wurde. Nett war es bei ihm trotzdem – aber bei Väth ging die Sonne auf, beim jungen Schulz hieß es hingegen „The Sun goes down“.
Abrechnung
43 Euro kostet ein Tagesticket für Samstag – ohne VIP, ohne Camping, ohne Aftershow. Die Busfahrt kostet für Hin und Zurück 5 Euro extra. Das Geld musste in Beach-Coins gewechselt werden: Die Währung für das Festival. Elf Coins gab es für zehn Euro. Nachfrage, ob wirklich alles – Essen, Trinken, Karussell – mit dieser Währung gezahlt werden muss: „Ja, alles außer Zigaretten“, sagt der Mann am Stand.
Eine 0,5-Liter-Flasche Cola kostet 5 Beachcoins, so viel wie ein Bier, plus zwei Coins Pfand. Die Flasche bekommt man ohne Deckel. Schon mal mit offener Cola zu Techno getanzt? Sie schwappt über.
Und natürlich: Essen kann doch nur mit echtem Geld bezahlt werden. „Du bist nicht die erste“, sagt der Verkäufer am Burgerstand. Heißt: Kein Bargeld – kein Essen.
Fazit
Ein schönes Festival – aber viel zu teuer!
Foto: Laura Wolfert
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